News vom 09.04.2019
Städtebaulicher Wettbewerb Rosenstein
1. Preis: Prof. Dr. Franz Pesch, Vorsitzender des Preisgerichts des städtebaulichen Wettbewerbs Rosenstein, Jochen Koeber, Cem Arat und Markus Weismann von der Arbeitsgemeinschaft asp Architekten/Koeber Landschaftsarchitektur, Oberbürgermeister Fritz Kuhn und Peter Pätzold, Bürgermeister für Städtebau, Wohnen und Umwelt, (v.l.n.r.) stehen am Modell des Siegerentwurfs. Foto: Max Kovalenko/Stadt Stuttgart
Ein Bericht der LHS
Die Stuttgarter Arbeitsgemeinschaft ASP Architekten/Koeber Landschaftsarchitektur gewinnt internationalen städtebaulichen Wettbewerb Rosenstein der Landeshauptstadt Stuttgart
Der Entwurf der Büros ASP Architekten/Koeber Landschaftsarchitektur (Stuttgart) hat nach der Entscheidung des Preisgerichts zum internationalen offenen städtebaulichen Wettbewerb Rosenstein am Montagabend, 8. April, den ersten Platz belegt. Auf den zweiten Platz kam das Planungsbüro Laux Architekten in Zusammenarbeit mit Terra Nova Landschaftsarchitektur (Stuttgart/München). Damit verbunden sind Preisgelder von 70.0000 Euro für den ersten und 50.000 Euro für den zweiten Platz.
Auf den dritten Platz kam die Arbeitsgemeinschaft Herrmann + Hornung/Johannes Jörg Grüne Welle Landschaftsarchitektur (Stuttgart). Den vierten Platz aus insgesamt elf bewerteten Arbeiten belegte die Arbeitsgemeinschaft Tovatt Architects & Planners/Ramboll Studio Dreiseitl (Schweden/Überlingen). Damit verbunden sind Preisgelder von 35.000 Euro für den dritten und 20.000 Euro für den vierten Platz.
Oberbürgermeister Fritz Kuhn sagte: „Die Auswahl der Sieger-Entwürfe ist wichtig für die Perspektiven der Stadtentwicklung. Wir alle haben jetzt eine Vorstellung davon, wie das Rosenstein-Quartier aussehen könnte. Hier kann Spannendes entstehen, auf bis zu 100 Hektar und das mitten in der Stadt. Das Quartier wird eine gute Mischung aus großer Dichte und grünen Freiräumen aufweisen. Besonders gut gefällt mir bei den Siegern die Integration der Kultureinrichtungen in das Quartier.“
„Die Quartiere auf der Entwicklungsfläche Rosenstein sollen zusammenwachsen: Unsere Vorstellung ist, dass sie lebendig sind, gemischt und attraktiv, einfach keine Retortenstadt. Das haben die erst platzierten Büros gut entworfen“, ergänzte Peter Pätzold, Bürgermeister für Städtebau, Wohnen und Umwelt. „Die Ergebnisse der Überarbeitung sollen noch vor den Sommerferien vom Preisgericht Rosenstein bewertet werden, so dass die Jury dann ihre Empfehlung an den Gemeinderat zur Entscheidung abgeben kann.“
Das Preisgericht unter Vorsitz von Prof. Dr. Franz Pesch vom Büro Pesch und Partner empfahl nach einer ganztägigen Sitzung in den Wagenhallen als weiteres Vorgehen, die Entwürfe der Plätze eins und zwei zunächst noch weiter überarbeiten zu lassen bevor dann als Gesamtkonzept in Abstimmung mit den städtischen Gremien ein Rahmenplan erstellt werden kann.
Prof. Dr. Franz Pesch sagte: „Die Entwicklungsfläche Rosenstein insgesamt hat unterschiedliche Qualitäten und höchste Ansprüche in Klima-, Mobilitäts- und Energiefragen. Mit der Ausschreibung hat die Stadt Stuttgart die Messlatte sehr hoch angelegt. Die entscheidende Frage ist, wie sieht ein zukunftsorientiertes Quartier städtebaulich aus: Knüpft es an historische Vorbilder an oder wagt es etwas ganz Neues? Darauf geben die Preisträger erste Antworten. Wir haben beide Planungsbüros gebeten, ihre Entwürfe nochmals zu überarbeiten.“
Alle elf eingereichten Arbeiten aus der zweiten Phase des Wettbewerbs sind für die Öffentlichkeit im StadtPalais vom 11. April, 12:00 Uhr, bis zum 18. April, 17:00 Uhr, zu sehen.
Das Preisgericht begründete seine Entscheidung bei den Arbeiten auf den Plätzen eins und zwei wie folgt:
Dem Entwurf auf dem ersten Platz gelingt es überzeugend, mit stark an den Bestand angelehnten räumlichen Strukturen und baulichen Typologien die neuen Quartiere an die bestehenden Stadtgebiete anzubinden. Die wesentlichen städtebaulichen Achsen und Straßenräume werden aufgenommen und gliedern schlüssig die neuen Baufelder. Verbunden durch den zu einem Park umgenutzten Gleisbogen entstehen vier unterschiedliche Quartiere mit erkennbarer Atmosphäre in einer aus dem Kontext abgeleiteten Maßstäblichkeit.
Ein besonderes Element ist der Gleisbogenpark, der etwa mit einem zentralen Radweg, Bewegungsflächen, sozialen und kulturellen Einrichtungen das gesamte Areal verbindet. Er führt bis zur geplanten Konzerthalle an der Wolframstraße und integriert das Überwerfungsbauwerk, das mit kulturellen Nutzungen belebt wird. Als „Grünes Band“ und als verkehrsbaugeschichtliches Relikt wird der Gleisbogen sehr gut erfahrbar – alle wichtigen Teile des Denkmals bleiben erhalten.
Alle Quartiere sind nutzungsgemischt vorgesehen, mit schwerpunktmäßig gewerblicher Nutzung in den Erdgeschosszonen und Wohnnutzungen in den Regelgeschossen. Blockrandtypologien gruppieren sich schlüssig um einen kleinen öffentlichen Platz, der jeweils mit einem Quartiers-Hub als Solitärgebäude akzentuiert wird. In dem Hub befinden sich neben Stellplätzen auch Einrichtungen der sozialen Infrastruktur. Insgesamt wird ein funktionierendes Mobilitätskonzept angeboten.
Folgende Themenfelder sind laut Preisgericht aber noch zu präzisieren: Der Umgang mit der Parkkante war noch nicht überzeugend, ebenso die Größe und Lage des Schulcampus. Auch die Wohn- und Freiraumfunktion sowie die Qualitäten des Gleisbogens sind deutlicher herauszuarbeiten.
Der Entwurf der Zweitplatzierten formuliert vier sehr unterschiedlich ausgeprägte Quartiere, die sich an einem Fahrradschnellweg, dem „Super-Cycle-Highway“ längs der Parkkante des mittleren Schlossgartens andocken. Der Auftakt beginnt am künftigen Manfred-Rommel-Platz am klug gesetzten Kongress- und Konzerthaus und führt diagonal durch das Europaviertel in Richtung Felix-Mendelssohn-Allee in den Schlossgarten. Im Mobilitätskonzept zeigt sich eine kreative und zukunftsgewandte Bandbreite von autofreien Quartieren, ausgeprägter Sharing-Kultur und Digitalisierung.
Den Verfassern gelingt angrenzend an das im Europaviertel eine überzeugende Antwort auf dessen großmaßstäbliche Bebauung mittels vieler Querungsmöglichkeiten zum Schlossgarten. Das eigentliche Rosensteinquartier am ebenerdigen Übergang zur Mittnachtstraße wird als abgerücktes, geometrisch klar umgrenztes „Zukunftsquartier“ und Kontrapunkt zu traditionellen Stuttgarter Wohnquartieren gesehen. In großer Dichte ist es durch kleinmaßstäblichere Punktstrukturen und von bis zu 90 Meter hohen Wohnhochhäuser geprägt. Die insgesamt überdurchschnittliche Geschossfläche des Entwurfs gründet sich auf diesem Bebauungsabschnitt. Das Preisgericht würdigte den Mut zu neuen Quartiersformen, diskutierte aber gleichzeitig kontrovers eine konkrete Umsetzung der Ideen. Auch sind die angebotenen Baumhaine im Übergang zu Schlossgarten und Rosensteinpark ein interessantes Freiraumelement. Nachbesserungsbedarf sieht das Preisgericht bei dem noch nicht überzeugenden Parkabschluss und den erforderlichen Abstandsflächen in der Bebauung.
Mit der Entscheidung des Preisgerichts am Montagabend endete der städtebauliche Wettbewerb. Die zwei ersten Preisträger sollen ihre Entwürfe am 30. April im Ausschuss für Umwelt und Technik vorstellen.
Zweiphasiger städtebaulicher Wettbewerb
Der „Internationale offene städtebauliche Wettbewerb Rosenstein – Ideen für den neuen Stadtteil“ hatte zum Ziel, eine Vision des künftigen Rosenstein-Quartiers zu erarbeiten, die dann als Grundlage für alle weiteren städtebaulichen Planungen dient. Mit dem jetzigen Ergebnis liegt ein Gesamtkonzept vor, das in städtebaulicher, programmatischer und prozessualer Hinsicht bei der Entwicklung des Rosenstein-Quartiers den Orientierungsrahmen im langfristig angelegten Planungsprozess bildet.
Die Auslobung des Wettbewerbs und die darin formulierten Anforderungen wurden durch die Verwaltung erarbeitet und gemeinsam mit Bürgerinnen und Bürgern in einerinformellen Bürgerbeteiligung transparent entwickelt. So gab es am 16. Mai 2018 eine Infoveranstaltung mit Workshop-Charakter im Stadtpalais. Dort wurde durch das Amt für Stadtplanung und Erneuerung und einer externen Moderation zunächst der Text für die Auslobung vorgestellt. Es folgte eine intensive Diskussion mit den Teilnehmern, die weitere Ideen zum Text und Änderungsvorschläge einbringen konnten. Zusätzlich gab es für Interessierte die Möglichkeit, online auf dem städtischen Beteiligungsportal „Stuttgart – meine Stadt“ Änderungsvorschläge zum Entwurf des Auslobungstextes einzureichen. Alle gesammelten Vorschläge wurden im Anschluss geprüft und flossen gegebenenfalls in den Auslobungstext ein. Darüber hinaus wurden aus den Reihen des „Forums Rosenstein“, das im Zuge der „Informellen Bürgerbeteiligung Rosenstein“ im Jahr 2016 initiiert wurde, drei Mitglieder für das Preisgericht des Wettbewerbs nominiert. Diese Mitglieder wirkten als Sachverständige bei der Meinungsbildung im Preisgericht mit, waren aber nicht stimmberechtigt.
Nach Abschluss der Bürgerbeteiligung wurde der Auslobungstext in die ausführlichen Vorberatungen der städtischen Gremien gebracht und diskutiert. Dieser Prozess bildete die Basis für das gesamte Wettbewerbsverfahren.
Der Wettbewerb bestand aus zwei Phasen. In der ersten Phase des Wettbewerbs wurde ein Zukunftsbild für das Rosenstein-Quartier entwickelt.
Insgesamt haben sich an dem europaweit ausgeschriebenen Wettbewerb 54 Planungsbüros beteiligt. Viele von ihnen nahmen am 27. Juli 2018 die Gelegenheit wahr, bei einem Rückfragenkolloquium Fragen an die Stadtplaner der Landeshauptstadt zu stellen. Am 28. November 2018 wählte dann das Preisgericht des Wettbewerbs unter dem Vorsitz von Prof. Dr. Franz Pesch elf Arbeiten für die weitere Bearbeitung in Phase zwei aus. Damit war die erste Wettbewerbsphase abgeschlossen. Mit dem Preisgericht am 8. April wurde nun final entschieden, welches Planungsbüro mit seinem Entwurf den Wettbewerb gewonnen hat.
Informelle Bürgerbeteiligung Rosenstein 2016
Gemeinsam mit den Bürgerinnen und Bürgern hat die Landeshauptstadt bereits 2016 und vor Beginn des städtebaulichen Wettbewerbs 2018 über die Zukunft der Entwicklungsfläche Rosenstein diskutiert. Zentrales Anliegen der Stadt war es damals, einen stadtweiten informellen Beteiligungs- und Dialogprozess über die Entwicklung des künftigen Stadtteils Rosenstein durchzuführen und ein möglichst breit akzeptiertes Ergebnis zu erarbeiten. Die Erkenntnisse aus der Bürgerbeteiligung von 2016 wurden in einem Memorandum zusammengefasst.
Das Memorandum besteht aus einer Interessensammlung, einem daraus abgeleiteten Kriterienkatalog und konkreten Leitplanken. Es beinhaltet auch die Ergebnisse aus der Kinderbeteiligung und dem Expertenpanel. Es diente als Grundlage für den nun abgeschlossenen internationalen offenen städtebaulichen Wettbewerb Rosenstein.
Die Entwicklungsfläche Rosenstein
Im Dreieck zwischen Hauptbahnhof, Neckar und Pragtunnel werden nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 circa 85 Hektar Fläche für den Bahnbetrieb nicht mehr benötigt. Die freiwerdenden Gleisflächen bilden als sogenannte Entwicklungsfläche Rosenstein den Kern eines zukünftigen Stadtteils, dem Rosenstein-Quartier. Sie erstrecken sich zwischen Hauptbahnhof im Süden, Nordbahnhofviertel und Presselstraße im Westen, Rosensteinpark im Norden und Schlosspark im Osten. Das Gebiet liegt im Norden der Stuttgarter Innenstadt, an der Grenze zwischen den Stadtbezirken Stuttgart Nord, Stuttgart Ost und Bad Cannstatt. Zugleich grenzt es auf einer Länge von etwa drei Kilometern an die wichtigen Landschaftsräume des Neckartals und des „Grünen Us“, bestehend aus Höhenpark Killesberg, Rosensteinpark und Schlossgarten.
Ein neuer Stadtteil
Der zukünftige Stadtteil umfasst jedoch nicht nur die Entwicklungsfläche Rosenstein, sondern auch die angrenzenden Bereiche. Die Entwicklung der ehemaligen Gleisflächen wird Auswirkungen auf die Nachbarschaft haben, weshalb ein größerer Raum betrachtet werden muss. Gleichzeitig müssen die Entwicklungsflächen auch mit ihrer Nachbarschaft zusammenwachsen, um einen vitalen Baustein der Stadt zu bilden und ein identitätsstiftendes Quartier zu schaffen.
Dieser Stadtteil wird in Zukunft vor allem von seiner besonderen Lage profitieren. So sind von der Mitte der Entwicklungsfläche Rosenstein die zentralen öffentlichen Einrichtungen, wie etwa der Hauptbahnhof, in 12 bis 15 Minuten zu Fuß erreichbar. Schloss- und Rosensteinpark liegen in direkter Nähe, zum Neckar sind es nur wenige Minuten. Die Entwicklungsflächen spielen außerdem eine wichtige Rolle, wenn es um die Vernetzung der bisher durch die Bahngleise getrennten Stadtteile Nord und Ost geht.
Topografie
Im Talgrund gelegen ist die Topografie des Gebiets, wenn auch in weiten Teilen nahezu eben, so doch durch erhebliche Geländeversprünge gekennzeichnet. Diese wirken teilweise als Barriere, stellen jedoch auch Identifikationsmerkmale dar. Besonders markant ist der sogenannte Stuttgarter Gleisbogen, der vorwiegend als Bahndamm, ergänzt durch Brücken- und Überwerfungsbauwerke, das Nordbahnhofviertel umgibt.
Eigentumsverhältnisse
Um die künftige Entwicklung der brachfallenden Gleisflächen beeinflussen zu können, hat die Stadt bereits im Dezember 2001 die Entwicklungsfläche Rosenstein und weitere Flächen – insgesamt 120 Hektar – von der Deutschen Bahn AG erworben. Die Stadt Stuttgart ist damit, im Unterschied zum Europaviertel, auf der Entwicklungsfläche Eigentümerin, was ihr viele Gestaltungsspielräume gibt und für die Umsetzung der Planungsziele äußerst günstige Voraussetzungen bietet.